Ist ein Wechselmodell für mein Kind die richtige Betreuungsform?

Von einem Wechselmodell spricht man dann, wenn die Kinder in gleich großen oder annähernd gleich großen Betreuungsanteilen von beiden Elternteilen betreut werden. Wie dies geschieht, kann in ganz unterschiedlichen Modellen umgesetzt werden, etwa dass die Kinder eine Woche bei ihrer Mutter leben und in der darauf folgenden Woche beim Vater. Es gibt jedoch auch Regelungen, wonach die Kinder alle zwei Tage zwischen den Eltern wechseln, tageweise oder in einem 14-tägigen Rhythmus.

Voraussetzung für ein Wechselmodell ist, dass Sie mit dem anderen Elternteil die Belange Ihrer Kinder noch gut absprechen können. Da das Leben der Kinder bei einem Wechselmodell in zwei verschiedenen Haushalten stattfindet, muss zwischen den Eltern viel Kommunikation stattfinden, etwa über die Hausaufgaben der Kinder, über Schultermine, die Sport- und Freizeitveranstaltungen oder gesundheitliche Belange der Kinder. Solche Gespräche sollten bei Ihnen noch vertrauensvoll und konstruktiv möglich sein.

Darüber hinaus ist es sehr hilfreich, wenn die beiden Haushalte der Elternteile in unmittelbarer räumlicher Nähe sind, damit die Kinder gut zwischen den Haushalten wechseln können. Hilfreich sind zudem ein ähnlicher Erziehungsstil der Eltern und die Bereitschaft, sich auf Veränderungen bei dem jeweiligen anderen Elternteil auch einlassen zu können. Großer Vorteil des Wechselmodells ist, dass die sozialen Bezüge des Kindes erhalten bleiben, insbesondere beide Elternteile und die Kinder sich noch im Alltag erleben können.

Ein Wechselmodell ist nicht möglich, wenn viel Streit zwischen den Elternteilen besteht. Hier gibt es Erfahrungsberichte, dass dann die Kinder in den Streit mit einbezogen werden und oft auch über die Kinder ein Machtkampf geführt wird. Für Ihre Kinder rate ich Ihnen in diesem Fall von einem Wechselmodell ab, da dann das Kind in einen so genannten Loyalitätskonflikt geraten könnte.

Das Wechselmodell ist in den letzten Jahren populär geworden. In Frankreich wird es bereits sehr häufig praktiziert. Die hiesigen Familiengerichte sind jedoch noch vorsichtig mit der Installierung eines Wechselmodells. In der psychologischen Forschung ist die Meinung, ob ein Wechselmodell für Kinder gut ist oder nicht, noch nicht abschließend geklärt.

Nach meinen Erfahrungen, die ich in vielen Sorgerechtsverfahren und aus Rückmeldungen mit Mandanten gemacht habe, ist zu unterscheiden nach dem Alter der Kinder und nach der Kooperationsfähigkeit der Elternteile. Im Einzelnen:

Bei noch sehr kleinen Kindern steht im Vordergrund, dass die Kinder in einem geborgenen und geschützten Umfeld aufwachsen, damit sie sich langsam mit einem sicheren Gefühl zu einer kleinen Persönlichkeit heranwachsen können. Sie benötigen noch viel Orientierung. Hier erscheint die Handhabung eines Wechselmodells schwierig, weil das Wechselmodell eventuell zu viel Unruhe in das Leben der Kinder bringen könnte. Da kleine Kinder noch nicht längere Zeiträume überschauen können, raten Experten dazu, dass Umgangszeiten in kürzeren Abständen erfolgen sollten, dafür jedoch nicht so lange dauern. Für das Wechselmodell würde dies bedeuten, dass kürzere Wechselintervalle vereinbart werden sollten, etwa ein Wechsel alle zwei bis drei Tage. Dies führt jedoch zwangsläufig dazu, dass sehr viel Unruhe und ein ständiger Umzug die Kinder begleiten würden. Das geborgene Zuhause könnte hier für die Kinder auf der Strecke bleiben.
Aber auch hier wird es nicht unmöglich sein, den Kindern ein geborgenes Umfeld in zwei Haushalten zu geben. Dies erfordert aber von den Eltern ein ganz besonders hohes Maß an gut abgestimmtem Verhalten, an möglichst räumlicher Nähe der Wohnungen und damit auch der Kindereinrichtung, an einem besonders empathischen Verhältnis gegenüber den Bedürfnissen der Kinder und an viel ausstrahlende Ruhe, die an die Kinder weiter gegeben werden kann. Sollten diese Voraussetzungen nicht bei Ihnen gegeben sein, empfehle ich Ihnen, vorsichtig mit dem Wechselmodell umzugehen.

Bei größeren Kindern, ab etwa 8 bis 9 Jahren, die sich schon ein eigenes Lebensumfeld aufbauen konnten, und sich auch selbst in der Stadt, etwa zur Schule oder Sportvereinen, bewegen, ist ein Wechselmodell deutlich einfacher zu handhaben. Diese Kinder können leichter mit einem Wechsel zwischen den Haushalten der Elternteile umgehen, zwischen den unterschiedlichen Erziehungsstilen der Eltern differenzieren und brauchen nicht mehr ganz so viel Orientierung. Daher kann hier ein Wechselmodell eventuell eine sinnvolle Betreuungslösung für Ihre Kinder sein. Jedoch ist es auch hier zwingend erforderlich, dass Sie als Eltern immer noch in der Lage sein müssen, kooperativ die Absprachen für die Kinder zu treffen, und ein Streit der Eltern nicht über die Kinder ausgetragen wird. Ansonsten besteht die erhebliche Gefahr, dass Sie Ihre Kinder instrumentalisieren, sie also in den Streit der Eltern mit einbeziehen. Dies kommt oft auch unbewusst vor.

Das Wechselmodell hat auch auf den Kindesunterhaltsanspruch Einfluss. Eine feste gesetzliche Regelung gibt es hierfür jedoch noch nicht. Nach Gerichtsentscheidungen wäre jedoch ein gangbarer Weg, dass die Eltern jeweils anteilig, entsprechend ihres jeweiligen Nettoeinkommens, für den Bedarf der Kinder aufkommen. Hier wird von den Familiengerichten jedoch oft die Erwartung aufgestellt, dass die Elternteile kooperativ eine Lösung für die finanziellen Verhältnisse für ihre Kinder aushandeln. Insoweit empfehle ich Ihnen, gemeinsam mit dem anderen Elternteil zu überlegen, welches die finanziellen Bedürfnisse Ihres Kindes sind und die Kosten entsprechend aufzuteilen. Hilfreich ist hier oft die Einrichtung eines speziellen Kinderkontos, wo etwa das staatliche Kindergeld eingezahlt wird und jeder Elternteil darüber hinaus Einzahlungen tätigt. Hiervon können die Fixkosten, wie etwa Hortgeld, Schulgeld, Schulbücher u. ä. beglichen werden.

Das staatliche Kindergeld steht bei einem Wechselmodell jedem Elternteil zur Hälfte zu. Die gesetzliche Regelung sieht jedoch vor, dass nur an ein Elternteil das Kindergeld ausgezahlt werden darf. Insoweit besteht aber ein Ausgleichsanspruch des anderen Elternteiles auf Auszahlung des hälftigen Betrages. Falls Sie das Kindergeld nicht auf ein separates Kinderkonto auszahlen, muss daher der Bezugsberechtigte die Hälfte des Kindergeldes an den anderen überweisen.